The Kalpana, Desert futures, Symposium

Desert futures
Symposium mit Prof. Dr. Rüdiger Glaser (Physische Geographie, Universität Freiburg), Dr. Nemiah Ladd (Ökosystemphysiologie, Universität Freiburg), Friedrich Neu (Geographie des Globalen Wandels, Universität Freiburg) und Susanne M. Winterling (The Kalpana)
Sa, 04.07.2020, 14–18 Uhr

Das Symposium Desert futures beschäftigt sich mit Fragen, die die Zukunft unseres Planeten vor dem Hintergrund des Klimawandels und der zunehmenden Desertifikation weiter Teile der Welt betreffen. Ein Fokus liegt auf Prozessen und Folgen von Trockenperioden und Dürren unter geografischer Perspektive sowie unter Laborbedingungen in der Biosphäre 2. Was können wir vom biodiversen Leben in der Wüste lernen, um eine trockenere Zukunft zu bewältigen? Welche Möglichkeiten und Grenzen liegen in der Verbindung von wissenschaftlichen, spekulativen und künstlerischen Ansätzen bei der Entwicklung realistischer Zukunftsvisionen? Was für Methoden und Lösungsansätze lassen sich entwerfen, die sowohl soziale als auch ökologische Gerechtigkeit berücksichtigen? Ausgangspunkt des Symposiums ist die aktuelle Ausstellung im Kunstverein Freiburg In desert times des Kollektivs The Kalpana: Die Präsentation ihres spekulativen Wüstenplaneten als Ort für Zukunftsimaginationen, Science-Fiction sowie von künftigen Spezies, Artefakten und Codes.

14:00–14:30 Uhr
Desert futures 1:
Heinrich Dietz und Antonia Lotz, Begrüßung und Einführung

Video

14:30–15:15 Uhr
Desert futures 2
Prof. Dr. Rüdiger Glaser, Desertifikation – Eine Einordnung aus geographischer Perspektive

In dem Vortrag werden die verschiedenen Komponenten und Prozesse der Desertifikation im globalen Kontext vorgestellt. An regionalen Fallbeispielen geht er dabei auf die beiden „Blaupausen“ der „Sahel-Dürre“ und dem „Dust Bowl Syndrom“ ein, um schließlich die extremen Dürreereignisse der letzten Jahre in Mitteleuropa und im Südwesten zu fokussieren. Die zentrale Frage dabei wird sein, welche Kritikalität und Syndromkomplexe wir damit bereits erreicht haben.

Video

15:30 Uhr
Kaffeepause

15:50 Uhr
Fortführung des Symposiums

16:00–16:20 Uhr
Desert futures 3
Dr. Nemiah Ladd, B2-WALD – Dürre in der Biosphäre 2

Bei einer anhaltenden Erwärmung des Erdklimas angesichts von steigenden CO2-Emissionen werden größere Veränderungen in der Intensität und Verteilung von Niederschlägen erwartet. Diese Veränderungen sind besonders für die Ökosysteme von Wäldern bedeutend, die gegenwärtig einen großen Beitrag dazu leisten, dass CO2 wieder aus der Atmosphäre aufgenommen wird. Eine einmalige Gelegenheit um die Auswirkungen von Dürren auf Wälder in einer wärmer werdenden Welt zu untersuchen bietet der geschlossene tropische Regenwald in der Biosphäre 2, die sich in der Sonora-Wüste in Arizona befindet und damit den heißesten Regenwald der Welt beherbergt. Das B2-WALD Projekt brachte über 70 Forscher*innen aus 13 Institutionen in 5 Ländern für eine interdisziplinäre Untersuchung dieses Ökosystems zusammen. „B2-Wald“ steht dabei für „Biosphere 2 Water, Atmosphere and Life Dynamics.“ Durch das Abdrehen des Regens für einen Zeitraum von über zwei Monaten und durch das Beobachten der Veränderungen in den Pflanzen, dem Boden und der Atmosphäre konnte gezeigt werden, wie das Zusammenspiel von Dürren und Hitze dazu führt, dass tropische Wälder so umschlagen können, dass sie keinen Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen sondern abgeben.

In englischer Sprache.

Video

16:20–16:40 Uhr
Desert futures 4
Friedrich Neu, Fragen der Klimagerechtigkeit

Der von bestimmten Teilen der Menschheit federführend induzierte Klimawandel zeigt sich durch die Entkopplung von Raum und Zeit als eine Form der Slow Violence, die bereits heute, insbesondere im Globalen Süden, die natürlichen und menschlichen Systeme maßgeblich verändert und teilweise vor große Herausforderungen stellt. Die Komplexität des Zusammenspiels zwischen Klimawandel und weiteren Formen der vom Menschen verursachten Umweltveränderung wird anhand eines eigenen Forschungsbeispiels aus dem Deltabereich des Volta-Flusses in Ghana aufgezeigt. Dabei werden die Auswirkungen in Form von Küstenerosion und Überschwemmung dargestellt sowie tiefergehend auf Anpassungsmaßnahmen in Form von Umsiedlungsprojekten eingegangen. Eingebettet in den lokalen sozio-kulturellen Kontext sollen in diesem Zusammenhang insbesondere Fragen der Gerechtigkeit im Rahmen von Klimawandelanpassung aufgeworfen und diskutiert werden.

Video

16:40–17:00 Uhr
Desert futures 5
Susanne M. Winterling, Planetary sensing – In desert times

Ausgehend von zwei exemplarischen, transdisziplinären Projekten behandelt der Vortrag die Verstrickung von Desertifikation und Küstenerosion, die Gemeinschaften bedrohen. Die Untrennbarkeit von Interspezies-Materie und nicht-menschlicher Materie birgt das Potential für ökologische Solidarität, für „unruhige“, gemeinschaftliche Transformationen auf planetarischer und molekularer Ebene. Die Anerkennung von Differenzen bei gleichzeitiger Verbundenheit sowohl in technologischer Hinsicht als auch innerhalb der Tragödie der Commons wirkt dabei als Trigger. Geschichte und Strategien der Dekolonialisierung können innerhalb der künstlerischen Forschung und Imagination herangezogen werden, um die Technologien der Schildkröte und der Epiphyten zu betrachten oder die Verdammten dieser Erde sichtbar zu machen. Wissenschaft wird für Menschen ermächtigt, sie wird zu einer Technologie der Gerechtigkeit von unten: die Algen und die Sandformationen schließen sich zusammen, lassen, von Strömungen geleitet, andere Kartographien und Infrastrukturen in Sandspuren entstehen.

Video

17:00–17:15 Uhr
Pause

17:15–18:00 Uhr
Gespräch mit Rüdiger Glaser, Nemiah Ladd, Friedrich Neu und Susanne M. Winterling; Moderation: Heinrich Dietz und Antonia Lotz

Referent*innen

Rüdiger Glaser ist Professor für Physische Geographie an der Universität Freiburg. Er beschäftigt sich u.a. mit Fragen des globalen Wandels und v.a. mit dem Klimawandel. In zahlreichen nationalen und internationalen Projekten thematisiert er mit seinem Team die Folgen des Klimawandels und Anpassungsmaßnahmen in regionaler Perspektive.

Dr. Nemiah Ladd ist im Westen der USA geboren und ist Akademische Rätin für Ökosystemphysiologie an der Universität Freiburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf Interaktionen von Pflanzen, Menschen und Klima in der Gegenwart und der jüngeren geologischen Vergangenheit. Insbesondere nutzt sie chemische Marker, die von Pflanzen hergestellt und im Schlamm konserviert werden (sogenannte „Molekulare Fossilien“), um vergangene Veränderungen in Niederschlagsintensitäten und der Landnutzung zu rekonstruieren. Sie war Co-Leiterin des B2-WALD Projekts in der Biosphäre 2 im Jahr 2019.

Friedrich Neu studierte BWL (M.Sc.) an der Universität Frankfurt und Geographie (M.Sc.) an der Universität Freiburg. In Freiburg arbeitete er im Anschluss in der Jugend-Suizidprävention als Projektmanager, bevor er an die Universität zurückkehrte und seit 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Geographie des Globalen Wandels von Prof. Dr. Hartmut Fünfgeld mit der Lehre betraut ist. Neu promoviert aktuell über Umsiedlung als Form der Anpassung an den Klimawandel aus Sicht der Politischen Ökologie, welche er anhand eines Fallbeispiels im Volta River Delta in Ghana empirisch untersucht.

Susanne M. Winterling ist Mitglied des Kollektivs The Kalpana. Sie ist Professorin für bildende Kunst an der NTNU Trondheim in Norwegen. Winterling arbeitet in unterschiedlichen Medien, um Ökonomie und Ökologie, digitale Kulturen sowie das soziale Leben von Materialien in unserer Umwelt zu erforschen. Formen und Materialien erzählen von Spezies und Elementen in dem herausfordernden geopolitischen Kontext unserer Zeit. Winterlings Praxis reflektiert politische sowie ästhetische Verstrickungen und Machtstrukturen zwischen Menschen, Lebewesen und Materie.

Das Symposium wird von Heinrich Dietz und Antonia Lotz organisiert, die zusammen die Ausstellung In desert times kuratiert haben.

Eintritt frei
Um Anmeldung bis Fr, 03.07.2020 wird gebeten: kontakt@kunstvereinfreiburg.de +49 761 349 44.

Tel.: +49 761 349 44