Immortalismus

Immortalismus, Kunstverein Freiburg
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Immortalismus
15.09.–29.10.2017

Unter der Parole „Immortalismus und Interplanetarismus” forderten 1922 die Moskauer Biokosmisten nicht weniger als die sofortige Aufhebung der zeitlichen und räumlichen Begrenztheit des menschlichen Lebens. Sie stehen damit in der Tradition des russischen Philosophen Nikolaj Fedorov: Er sah die Überwindung der Sterblichkeit als zentrale Aufgabe der Menschheit, die sich mit Hilfe von Wissenschaft und Technik umsetzen ließe und mit dem Ausgreifen ins Weltall einhergehen sollte. Unter der Obhut eines Staates, der zum Museum wird, würde die Natur in ein menschengemachtes Kunstwerk umgeformt werden. In der frühen Sowjetzeit griffen Theoretiker, Wissenschaftler und Aktivisten Fedorovs Ideen auf. Dabei vereint die Kosmisten der Glaube an eine rationale Umgestaltung des Gegebenen, die in der Abschaffung des Todes und Eroberung des Kosmos ihre Vollendung findet.

Entwicklungen der künstlichen Intelligenz und Biotechnologie befeuern heute wieder Projekte einer Aufhebung der zeitlichen Beschränkung des menschlichen Lebens. Solche Vorhaben, menschliche Begrenztheiten mit technologischen Mitteln zu überwinden, bilden den Kern aktueller, transhumanistischer Ideen. Es verwundert auch nicht, dass Calico – die California Life Company, ein Tochterunternehmen der Alphabet Incorporated (vormals Google Inc.) – sich die Verlängerung des menschlichen Lebens zum Ziel gesetzt hat. Doch während die Kosmisten die Aufhebung des Todes aller Menschen als drängende, „gemeinsame Tat“ einforderten, stehen viele aktuelle transhumanistische Heilsversprechen unter dem Vorzeichen der Selbstoptimierung. Dabei fügen sie sich oftmals bruchlos in Denkmuster ein, die das Streben nach Produktivität und Profitmaximierung mit lebensverachtenden Beherrschungsfantasien verbinden.

Die Ausstellung Immortalismus führt Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen zusammen, die unterschiedliche Perspektiven auf Visionen, Technologien und Ideologien zur Überwindung des Todes öffnen. Einen historischen Hintergrund bilden die utopischen Programme zur Abschaffung der menschlichen Sterblichkeit von Nikolaj Fedorov und des Russischen Kosmismus der frühen Sowjetzeit.

Künstler*innen: Ivana Bašić, Harm van den Dorpel, Cécile B. Evans, Pakui Hardware, Lina Hermsdorf, Kitty Kraus, Oliver Laric, Dominik Sittig, Anton Vidokle, Tchelet Weisstub

Saalzettel

Im Rahmen der Russischen Kulturtage:

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes:

Koordiniert durch das Zwetajewa Zentrum:

Die Ausstellung wir unterstützt von: